Was fehlt? Eine Jüdische Hochschulgruppe!

Alle großen Konfessionen sind an der Uni mit Initiativen vertreten – außer das Judentum. Ein Erstsemester will diese Lücke jetzt schließen und für mehr Sichtbarkeit sorgen.  

An der Uni Bayreuth gibt es mehr als 50 studentische Initiativen und Hochschulgruppen, die sich für die Belange und Interessen der Studierenden einsetzen. Außer politischen Organisationen, Fachschaftsvertretungen oder Arbeitskreisen gibt es auch religiöse Vereinigungen: neben diversen christlichen existiert auch eine muslimische Gruppe. Was allerdings bis heute fehlt, ist eine jüdische Hochschulgruppe. Ein Erstsemester möchte das jetzt ändern.

Die Hochschulgruppe

Im Gespräch berichtet Oscar, er sei zunächst einmal verwundert gewesen, dass es in Bayreuth noch keine jüdische Hochschulgruppe gibt. Als Erstsemester kam er im Herbst neu in die Stadt und informierte sich über die verschiedenen Möglichkeiten, aktiv zu werden. An vielen Universitäten in Deutschland gibt es bereits jüdische Gruppen, die jüdische Studierendenunion Deutschland zählt immerhin knapp 25 000 Mitglieder. Diese setzt sich zum Beispiel dafür ein, dass Staatsexamen nicht an hohen jüdischen Festtagen terminiert werden, wie es in der Vergangenheit häufiger vorgekommen ist. Ihm gehe es vor allem darum, Sichtbarkeit zu schaffen, zum Beispiel jüdische Feiertage oder Traditionen an der Uni bekannter zu machen und mit Studierenden jeglichen Glaubens in Austausch zu treten. Das soll auch dabei helfen, noch immer verbreitete Vorurteile gegenüber Jüdinnen und Juden abzubauen. Er berichtet, dass ihm im Gespräch über seine Religion häufig eine gewisse Sprachlosigkeit entgegenschlägt, sei es aus Unwissenheit des Gegenübers oder aus Angst, etwas Falsches zu sagen. Den Umgang miteinander wolle er mit der Gruppe nun zum positiven verändern, zumal Antisemitismus in Deutschland immer offener zu Tage tritt.

Doch was braucht es eigentlich, um eine neue Hochschulgruppe zu gründen? Es stellt sich heraus, gar nicht viel: da studentische Initiativen an der Uni Bayreuth per se keine besonderen Rechte oder Pflichten besitzen, reicht ein einfacher Antrag beim StuPa. Dafür müssen einige formale Voraussetzungen erfüllt sein, wie demokratische Prinzipien, Gemeinnützigkeit oder mehrheitlich studentische Mitglieder. Wird das entsprechende Formular ausgefüllt, kann die Gruppe auf der dafür vorgesehenen Website der Uni aufgenommen und im „StuPa-Wegweiser“ gelistet werden. Was jedoch noch gesucht wird, sind weitere Studierende, die sich der neuen Hochschulgruppe anschließen wollen. Wer Interesse hat, kann gerne mit Oscar in Kontakt treten.

Die Gemeinde

Obwohl es bislang am Campus noch keine jüdische Vertretung gibt, hat die jüdische Gemeinde in Bayreuth eine lange Tradition, auch wenn sie vielleicht nicht jedem bekannt ist. Die Synagoge liegt in der Münzgasse in durchaus prominenter Nachbarschaft, direkt an die Längsseite des Markgräflichen Opernhauses angrenzend. Die Nähe zu diesem Weltkulturerbe und Wahrzeichen der Stadt hat vermutlich auch dafür gesorgt, dass das Gebetshaus während der Pogrome der Nationalsozialisten nicht vollends abgebrannt wurde. Obwohl die Gemeinde nach dem Ende des 2. Weltkriegs nur noch aus wenigen Personen bestand, kann sie sich heute – über 250 Jahre nach der Einweihung der Synagoge – wieder über gut 500 Gläubige freuen. Der Weg dahin war nicht immer leicht, in einer Stadt, deren Maskottchen Richard Wagner ein erklärter Antisemit war. Bayreuth hat zum Beispiel bis heute keine Stolpersteine zur Erinnerung an vertriebene und ermordete jüdische Bürgerinnen und Bürger. Vor diesem Hintergrund kann eine jüdische Hochschulgruppe möglicherweise auch dazu beitragen, Studierende mehr über die Geschichte und Gegenwart der Jüdinnen und Juden in ihrer (Wahl)heimat aufzuklären.

Wer Interesse hat, kann sich gerne bei Oscar melden: oscarfranck@aol.com